Technokultur in Berlin: Nachbericht der Urkundenverleihung
Berlin, 23. Oktober 2024 – Gestern, am 22. Oktober 2024, wurde die „Technokultur in Berlin“ offiziell als Immaterielles Kulturerbe bestätigt. In einem feierlichen Festakt im Schloss Biebrich, Wiesbaden, ehrten die Deutsche UNESCO-Kommission und das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst sechs neue Kulturformen, darunter auch die Berliner Technokultur. Dieser historische Moment unterstreicht die globale Bedeutung der Technokultur für die Berliner Identität.
Die gemeinnützige rave the planet gGmbH, als Antragstellerin, nahm die Auszeichnung entgegen. Vertreten wurde die Organisation durch Dr. Motte, Ellen Dosch-Roeingh, Timm Zeiss, Felicitas Settili und Yad Attar. Bereits im März dieses Jahres war die „Technokultur in Berlin“ in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden, nun erfolgte die offizielle Übergabe der UNESCO-Urkunde.
Appell beim Pressegespräch
Im Vorfeld des Festakts fand um 15:00 Uhr ein Pressegespräch statt. Hier richtete Ellen Dosch-Roeingh einen leidenschaftlichen Appell an die Berliner und deutsche Politik. Sie betonte die dringende Notwendigkeit, die Technokultur vor Bedrohungen wie etwa Gentrifizierung und den Ausbau der Stadtautobahn A100 zu schützen. „Ohne politische Unterstützung und adäquate Ausweichflächen könnte ein einzigartiger Teil der Berliner Kultur verloren gehen“, erklärte sie eindringlich. Dabei spiele eine besondere Rolle, dass die Kulturform nicht an den Stadtrand verdrängt werden dürfe, sondern „im Herzen Berlins“ bleiben muss.
Festakt mit emotionalen Momenten
Der Festakt begann mit der Begrüßung durch Timon Gremmels, dem Hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst und Vorsitzenden der Kulturministerkonferenz. Er würdigte die Vielfalt der neu anerkannten Kulturformen, hob aber auch deren Gemeinsamkeiten hervor. „Immaterielles Kulturerbe zu sein bedeutet, sich zu engagieren und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, Traditionen zu pflegen oder auch neu zu schaffen.“ Anschließend traten die Sänger von Finsterwalde auf, die gemäß ihrer Tradition, ein eigens für diesen Anlass geschriebenes Lied vortrugen.
Es folgte ein Podiumsgespräch mit Dr. Marlen Meißner von der Deutschen UNESCO-Kommission und Antje Reppe von der Beratungsstelle für Immaterielles Kulturerbe in Sachsen. Thema war die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die verbindende Kraft des Immateriellen Kulturerbes, das Menschen unabhängig von Alter oder sozialem Status zusammenbringt und oftmals von engagierten Menschen im Ehrenamt getragen wird.
Prof. Dr. Christoph Wulf, Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission und Vorsitzender des Fachkomitees Immaterielles Kulturerbe, der von Moderator Jascha Habeck als „Mr. Immaterielles Kulturerbe“ vorgestellt wurde, hielt eine eindrucksvolle und bewegende Laudatio. Er hob die friedensstiftende und gemeinschaftsbildende Wirkung des Immateriellen Kulturerbes hervor und betonte die Freude, die mit der Ausübung dieser Traditionen einhergeht.
Der emotionale Höhepunkt des Abends war die feierliche Überreichung der Urkunden. Prof. Dr. Wulf, Minister Gremmels und Dr. Meißner überreichten den sechs neuen Kulturformen die offiziellen Anerkennungsurkunden. Vor dem versammelten Festpublikum wiederholte Ellen Dosch-Roeingh ihren eindringlichen Appell aus dem Pressegespräch, während Dr. Motte die Geschichte der Berliner Loveparade zusammenfasste. Rave The Planet präsentierte zudem einen Kurzfilm, der die Entwicklung der Technokultur in Berlin dokumentiert und verschiedenen Protagonisten der Szene eine Stimme gibt, die die Bedeutung dieser Kulturform aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Der Film wurde anschließend im Foyer des Schlosses gezeigt.
Kurzfilm auf YouTube
Den Abschluss bildete eine beeindruckende Live-Performance der Kirchseeoner Perchten, die in traditioneller Kostümierung ihren „Tanz der Holzmandl“ aufführten. Die Veranstaltung endete mit einem gemeinsamen Anstoßen auf das Immaterielle Kulturerbe – mit Viez, einem traditionellen Fruchtwein, dessen Herstellungswissen ebenfalls neu in die Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde.
Als musikalischen Abschluss der Feier spielte Dr. Motte auf Wunsch der UNESCO ein DJ-Set in der prachtvollen Rotunde des Schlosses. Unter glitzernden Kristalllüstern, Stuck und Fresken tanzten die Gäste zu Techno – ein unvergesslicher Moment, der die Verbindung von Tradition und Moderne symbolisierte.
Tulpen für Berlin
Traditionell werden bei der Übergabe der Urkunden Blumensträuße überreicht. In diesem Jahr entschied die UNESCO jedoch, Tulpenzwiebeln zu verschenken, da viele der Geehrten einen langen Reiseweg hatten. Rave The Planet plant, gemeinsam mit Kulturschaffenden einen geeigneten Ort in Berlin zu finden, um diese Tulpen anzupflanzen. Zudem soll die erhaltene Urkunde temporär in einem öffentlichen Raum ausgestellt werden – für alle offen und frei zugänglich, so wie es die Technokultur in Berlin auch ist.
Weitere Informationen zur Technokultur und zum Antrag finden Sie auf unserer Website:
https://www.ravetheplanet.com/der-weg-zum-immateriellen-kulturerbe/
Mit freundlichen Grüßen,
Ellen Dosch-Roeingh
Head of PR & Creative Director
rave the planet gGmbH